Langer Tag
Freitag, 19. Dezember 2008Heute morgen um 5:50 klingelte mein Wecker.
Um 6:05 verlies ich das Haus — und verpasste gleich mal die U-Bahn. Man sollte vorher noch mal den Fahrplan angucken, wenn man nicht zur gewohnten Zeit das Haus verlĂ€sst.
Lief ich also weiter zur S-Bahn. Promptàfiel die nÀchste Bahn aus und die nÀchste kam erst 10 M inuten spÀter. Immerhin noch schneller als die nÀchste U-Bahn gewesen wÀre.
Ich war dennoch rechtzeitig am Bahnhof, wo ich mir noch ein Ticket sowie ein FrĂÂŒhstĂÂŒck kaufen konnte.
Mit dem Zug ging es dann zuerst nach Fulda, wo ich bei einer kleinen Firma, die Medizintechnik herstellt, ein VorstellungsgesprÀch hatte. Das GesprÀch verlief ganz ok, aber so richtige Begeisterung kam bei mir nicht auf. Aber immerhin bringe ich schon ca. 20% des Anforderungsprofils der Stelle mit, auf die ich da soll. So die Aussage des dortigen Abteilungschefs. Das GesprÀch dauerte gute 150 Minuten.
Danach ging es weiter mit dem Zug nach Kassel. Dort am Hauptbahnhof angekommen, musste ich noch eine knappe halbe Stunde auf den Bus warten. WĂ€hrenddessen ging ein heftiger Hagelschauer nieder, der mich fĂÂŒrchten lieĂĆž, dass ich noch ganz durchnĂ€sst werde. Der Spuk war aber schon nach wenigen Minuten vorbei und die Sonne strahlte wieder.
So kam ich dann trocken und frohen Mutes bei meinem nÀchsten VorstellungsgesprÀch an. Dieses fing etwas verspÀtet an, ich hatte schon Angst, dass mein GesprÀchspartner den Termin fÀlschlich auf eine Stunde spÀter geplant hatte.
Da die Einladung nur einen GesprĂ€chspartner nannte, war ich etwas ĂÂŒberrascht, als mir dann 3 Leute gegenĂÂŒber saĂĆžen.
Das GesprĂ€ch selbst war eines der interessantesten, das ich jemals gefĂÂŒhrt hatte.
ĂĆblicherweise ist es so, dass sich die Firma/die GesprĂ€chspartner kurz vorstellen. So auch hier. Mir saĂĆžen ein Personaler, der Abteilungsleiter und sein Stellvertreter gegenĂÂŒber.
Danach stellt sich ĂÂŒblicherweise der Bewerber(also ich) in einem Monolog vor. Lebenslauf runterrasseln, Berufliche Stationen je nach Stelle ausfĂÂŒhrlicher darstellen.
Hier ging es aber so los, dass der Personaler einhakte: Ach Sie sind in ThĂÂŒringen aufgewachsen? Wie war das denn so? Wie haben Sie denn die Wende erlebt? Mir erschien das durchaus wie echtes Interesse, nicht um mich zu irritieren.
Auch danach erlebte ich ein interessantes GesprĂ€chs-Ping-Pong. Ich erzĂ€hlte was, dann fragte einer meiner GesprĂ€chspartner zu einem Punkt, den ich nur kurz angesprochen hatte etwas nach. Antwort. Ich erzĂ€hle weiter. Zwischenfrage: „Ich sehe gerade, dass da (irgendwelche) Unterlagen nicht da sind.“ Anderer GesprĂ€chspartner:“Doch die sind da, wurden nachgereicht.“ Ich erzĂ€hle weiter. Zwischenfrage, wieder nicht zum GesprĂ€chsfluss passend. So ging das die ganze Zeit, keine 2 Minuten am StĂÂŒck konnte ich einen Sprech-Fluss aufbauen. Nach ca. 90 Minuten wurde ich dann gebeten den Raum zu verlassen, nach ca. 15..20 Minuten wurde ich wieder herein gebeten.
Ich kenne sowas ja schon, kein Problem. Ich kann fast behaupten, dass mir VorstellungsgesprĂ€che SpaĂĆž machen. Die wirre Fragerei hatte vermutlich schon irgendwie ein System, wer weiĂĆž…
Dann fiel mir aber doch metaphorisch der Kinnladen herunter. „Wollen Sie noch einmal darĂÂŒber schlafen, oder wollen Sie gleich heute unterschreiben?“
Ăâhh..
Ja, ich werde nichts ĂÂŒberstĂÂŒrzen und noch einmal eine Nacht darĂÂŒber schlafen. Aber vermutlich doch annehmen. Mein Wunschgehalt wird zwar nicht erreicht werden, wenn dann nur ĂÂŒber Boni. Aber die Lebenshaltungskosten (vor allem Miete) sind in Kassel wohl etwas geringer als in Stuttgart, so dassĂ es letztendlich trotzdem einer guten Gehaltserhöhung gleich kommt. Zudem sagt mir die Branche zu, damit kann ich mich identifizieren. UndĂ die Firma scheint massiv im Aufbau zu sein.
Die Firma bietet UnterstĂÂŒtzung durch ein externes Unternehmen bei der Wohnungssuche an, gibt Geld fĂÂŒr die Fahrkarte fĂÂŒr die Ăâffentlichen Verkehrsmittel zu, hat eine eigene Kantine mit 5 MenĂÂŒs zur Auswahl, hat einen Fitnessraum im GebĂ€ude… Achja BĂÂŒros gibt es auch đ StandardmĂ€ĂĆžig mit 4 ArbeitsplĂ€tzen ausgestattet, plus einem fĂÂŒr Praktikanten/Diplomanden.
Weiterbildung im Beruf ist mit 5 Tagen im Jahr ausdrĂÂŒcklich gewĂÂŒnscht, eigentlich sogar gefordert. Denn die Vorgesetzten erhalten verschiedene Boni nur, wenn jeder seiner Untergebenen Mitarbeiter auch diese 5 Tage genutzt hat… interessante Herangehensweise, um auch die Vorgesetzten von der Sinnhaftigkeit dieser MaĂĆžnahme zu ĂÂŒberzeugen đ
Nach insgesamt ca. 150 Minuten war auch dieses VorstellungsgesprÀch beendet, was mich in meiner Reiseplanung etwas nach hinten geworfen hatte.
Gegen 22:00 war ich dann aber doch in Stuttgart, kurz darauf zu Hause und im Bett.